Jetzt wird es spannend, denn es tut sich etwas in der Politik. Es gibt wieder große Themen: Integration, Stuttgart 21, Atomkraft. Und es gibt Verschiebungen in der politischen Landschaft.
Integration. Das ist keine Frage vom Muslimsein, Christsein oder Religion. Es ist auch keine vordergründige Frage der Muttersprache. Integration ist eine Bildungsfrage, denn die Diskussion müsste eigentlich auf jene 20 % der Großstadtbevölkerung gerichtet sein, die ökonomisch ausgegrenzt sind und sich in Parallelgesellschaften flüchten. Warum eine Parallelgesellschaft mit Kopftuch und Koranschule gefährlicher sein soll als eine aus Plattenbau, RTL und Springerstiefeln müsste mir dann auch noch jemand erklären. Diese städtische Unterschicht ist nun nichts neues, die gibt es, seitdem es Städte gibt. Im 21. Jahrhundert aber sollte es unserem Land, das reich an Geld und arm an jungen Menschen ist, möglich sein, JEDEM im Bildungssystem Möglichkeiten zu geben, positiv an der Gesellschaft teilzunehmen. Was bedeutet das? Die derzeitige Debatte um Sarrazin, Seehofer und alle anderen ist vollkommen nutzlos. Sie wird von den Politikern bewusst geschürt, um vom wahren Problem abzulenken. Es ist in Wirklichkeit das Bildungssystem, das versagt hat, dort liegt der Hase im Pfeffer. Und dort ist es höchste Eisenbahn. Jeder, egal ob Ali oder Jenny muss als Jugendlicher die deutsche Sprache in Wort und Schrift fehlerfrei beherrschen. Wer glaubt, dass nur Migranten da ihre Probleme haben, betreibt Augenwischerei. Letztendlich können wir uns das nicht mehr leisten, einen Teil unserer jungen Menschen durchs Raster fallen zu lassen. Die Wirtschaft wird wegen des demografischen Wandels jeden brauchen. Deshalb brauchen wir viel Zuwanderung, andernfalls kollabieren die Sozialsysteme bald unter Renten- und Krankenkosten der überalterten Gesellschaft. Außerdem brauchen wir auch alle Jugendlichen in Deutschland. Die Integrationsdebatte sollte also nicht kulturell, sondern sozial fokussiert sein.
Dagegen ist Stuttgart 21 eigentlich völlig rille. Ob das Ding gebaut wird oder nicht ist eigentlich egal. Was wir davon mitnehmen können ist, dass jene Generation von Politikern, die in westdeutschem Frieden und Wohlstand aufwuchs, einen glatten Lebenslauf hinlegte und heute in einigen Parteien führt, anscheinend nicht mehr mit jenem politischen Instinkt ausgestattet ist, den die alten Herren noch hatten. Teil dieses Instinktes war es, nicht auf die Kinder des eigenen Millieus einzukloppen. Sowas macht man halt einfach nicht (völlig egal, worum es inhaltlich geht), wer das als Politiker nicht schnallt, hat es auch nicht verdient, weiter regieren zu dürfen. Auch bei der Atomkraft scheint der CDU der politische Instinkt völlig abhanden gekommen zu sein. Ist es hilfreich, eine Entscheidung, die nicht notwendig ist, gegen die Bevölkerung durchzudrücken? Eigentlich nicht, auch für so viel Instinktlosigkeit darf man abgewählt werden.
Wie geht es also 2011 weiter? Wir haben sechs Landtagswahlen, von denen die CDU ziemlich genau null gewinnen wird. Am 20. März wird in Sachsen-Anhalt gewählt. Die Linkspartei wird stärkste Partei werden und es wird eine rot-rote Koalition geben. Damit ist die CDU dort schonmal durch. Eine Woche später ist Rheinland-Pfalz dran. König Kurt wird gewinnen und eine rot-grüne Koalition wird regieren. Am selben Tag Baden-Württemberg, wo es die erste grün-rote Koalition geben wird. Im Mai folgt die Bremenwahl, bei der die rot-grüne Koalition fortgesetzt wird und im September geht es in Berlin los, auch dort mit rot-grün. Auch Mecklenburg-Vorpommern wählt an diesem Tag, auch hier wird die Linkspartei gewinnen und rot-rot kommen.
Für Frau Merkel wird es dann sehr sehr eng werden. Bisher hatte sie einen bemerkenswerten politischen Instinkt. Leider hat dieser sie verlassen, jetzt, wo sie sich hinter Stuttgart 21 stellt und das konservative Profil schärft, indem sie Seehofer stützt und gegen die Präimplantationsdiagnostik ist. All das geschieht ohne Not und aus freien Stücken, da bindet sie sich an sinkende Schiffe, anstatt wie früher rechtzeitig von Bord zu gehen. Damit wird auch sie untergehen. Obs schon 2011 soweit ist oder erst später, das werden wir dann sehen.