Das Ende der Thüringer Allgemeinen?

Zum neuen Jahr wollte der WAZ-Konzern den Chefredakteur der Thüringer Allgemeinen, Sergej Lochthofen, rausschmeißen. Nun ging es sogar noch schneller.

Lochthofen war seit 1990 Chefredakteur der TA und irgendwie etwas besonderes: so wurde diese Zeitung als erste ehemalige SED-Bezirkszeitung unabhängig und der Chefredakteur wurde nicht vom Verleger eingesetzt, sondern in der Zeit des Umbruchs von der Belegschaft in sein Amt gewählt. Dies verleiht Lochthofen besondere Legitimität. Das, und sein Erfolg, so hat die TA weniger mit Auflagenrückgängen zu kämpfen, als vergleichbare Blätter und steht verhältnismäßig gut da. Der scharfsinnige Lochthofen verhinderte, dass die TA zu einer beliebig-bräsigen Lokalpostille wird.

Aber nun wirft die TA ihrem Eigentümer, der Essener WAZ-Gruppe nicht mehr genügend Gewinn ab, sodass rationalisiert werden muss. Das ist mit Lochthofen nicht zu machen, also wurden er und seine Frau kurzerhand rausgeschmissen. Äußerst undankbar und verhältnismäßig geschmacklos ist das, aber es zeigt auch, dass die deutsche Zeitungslandschaft recht undemokratisch ist. Da Lochthofen sich gegen den Rausschmiss wehrte und Nazi-Vergleiche bemühte, setzte die WAZ noch einen drauf und schmiss ihn mit sofortiger Wirkung am heutigen Tag raus.

Sein Nachfolger, Paul-Josef Raue aus Castrop-Rauxel steht für ein anderes Zeitungskonzept: weniger Qualität, weniger Meinung, mehr Brei. Das ganze nennt sich dann „Bürgerzeitung“ – mehr Lokales, Artikel von Bürgern geschrieben. Man ist der Meinung das wäre, was die Leute wollen würden. Aber vor allem ist es billiger, leider lässt sich da aber nicht verhindern, dass eine Zeitung zur völligen Trivia-Sammlung verkommt. Lokalredaktionen sollen zusammengezogen werden, zum „Newsdesk“ wie bei der OTZ zentral an einer Stelle. Das spart Geld aber weniger Geld heißt wohl immer auch weniger Qualität. Raue wird das jetzt vier, fünf Jahre machen, bis ihn die WAZ-Gruppe wieder woandershin schickt und die TA ein ganz normales Wurschtblatt geworden ist. Fakt ist, dass man unter diesem Chefredakteur keine einzige Zeitung mehr verkaufen wird, als unter Lochthofen.

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